Deutscher Theaterpreis DER FAUST 2019
für Birgit Freitag _ Regie FÜR VIER
Beilage Die Deutsche Bühne / November 2019:
Birgit Freitag: FÜR VIER
Unablässig jagen die überwältigend großen und tiefgründig kleinen Fragen des Lebens als Laufbandprojektionen über die Bühnenrückwand. Fragen über das Woher und Wohin. Nach Familienkonzepten, Heimatgefühl und Werten. Wie viel Junge, Mädchen in einem steckt und was echt nervt. Ein Schauspieler, Mitte 20, eine Performerin, Anfang 30, und zwei Schüler wagen sich mit ihren kreuz und quer durch Europa führenden Biographien ins Ungewisse einer Orientierungssuche. Dabei pflücken sie immer wieder eines der Themen aus dem Fragenkanon.
Die Größeren lassen bereits Skepsis und Differenzierungslust, die sie gerade leben, bei ihren Antworten durchschimmern, die Jüngeren stürmen leidenschaftlich mit Behauptungen los und changieren dabei mutig zwischen Selbstzweifel und Selbststilisierung. Regisseurin Birgit Freitag hat ein feines Händchen, Menschen unterschiedlichen Alters zum Sprechen zu bringen, dieses Material wirkungsvoll zu konzentrieren und die Protagonisten damit in Bewegung zu versetzen – wobei sie ihr tänzerisches Ausdrucksvokabular erkunden. Das alles strahlt den bezwingenden Charme des Authentischen aus, und es beglaubigt den Ernst wie auch den Spaß der körperlichen und gedanklichen Konstruktionen von Identität. Coming of Age, das klassische Jugendtheatersujet, findet hier eine erfrischend unklassische Form im zart ausbalancierten Mix aus Tanz- und Dokutheater. (Jens Fischer)
Jurybegründung Deutscher Bühnenverein:
Regie Kinder- und Jugendtheater
Birgit Freitag zeigt mit „FÜR VIER“, wie Tanz im Jugendtheater für vier Menschen zum individuellen Ausdrucksmittel und zur gemeinsamen Sprache werden kann. Das Tanzstück besticht durch die Authentizität und Lässigkeit, mit der zwei Jugendliche und zwei Erwachsene, zwei Männer und zwei Frauen die Frage nach der eigenen Identität verhandeln und ihr jugendliches Publikum dabei vom ersten Moment an auf ihrer Seite wissen.